Hochfeste Stähle erfolgreich zerspanen: So meistern Sie Werkzeugauswahl und Schnittparameter

Seien wir mal ehrlich: Wenn Ihr Fräser beim Bearbeiten von 42CrMo4 oder gehärtetem Werkzeugstahl nach wenigen Minuten den Geist aufgibt, kostet Sie das nicht nur Nerven – es frisst Ihre Marge auf. Die Zerspanung hochfester Stähle mit über 45 HRC Härte oder 1400 N/mm² Zugfestigkeit ist die Königsdisziplin in der Fertigung. Doch mit dem richtigen System aus Werkzeug, Kühlstrategie und optimierten Parametern verwandeln Sie diese Herausforderung in einen Wettbewerbsvorteil.

In diesem Leitfaden zeige ich Ihnen, wie Sie die typischen Probleme wie Werkzeugbruch, Rattermarken und explodierende Werkzeugkosten in den Griff bekommen. Sie erfahren konkret, welche Werkzeuge und Parameter sich in der Praxis bewährt haben und warum die Maschinenstabilität oft wichtiger ist als die neueste Beschichtung.

Inhalt

Die Herausforderung: Warum hochfeste Stähle jeden Zerspaner fordern

Hochfeste Stähle sind keine gewöhnlichen Werkstoffe. Vergütungsstähle wie 42CrMo4, hochlegierte Werkzeugstähle oder Maraging-Stähle fordern Ihre Maschine, Ihre Werkzeuge und Ihr Know-how bis an die Grenzen.

Die Probleme beginnen bei der extremen Werkzeugbelastung. Die Kombination aus hoher Härte und geringer Wärmeleitfähigkeit konzentriert die Prozesswärme direkt an der Schneide. Bei hochfesten Stählen wie Maraging-Stahl 1.2709 entstehen Scherspannungen, die in ähnlichen Dimensionen liegen können und zu extremer Belastung der Werkzeugschneide führen. Das ist, als würde permanent ein kleiner Elefant auf Ihrer Werkzeugschneide stehen.

Die hohen Schnittkräfte bringen zudem das gesamte System zum Schwingen. Diese Vibrationen sind der Feind jeder präzisen Bearbeitung. Sie kennen das Ergebnis: Rattermarken auf der Oberfläche, Maßabweichungen und im schlimmsten Fall der plötzliche Werkzeugbruch.

Dazu kommt der Wirtschaftlichkeitsdruck. Während Sie bei Aluminium mit Vorschüben von mehreren Metern pro Minute arbeiten, müssen Sie bei hochfesten Stählen die Schnittgeschwindigkeit oft auf 80-200 m/min drosseln. Die Bearbeitungszeiten explodieren, die Werkzeugkosten auch.

Die erfolgreiche CNC-Bearbeitung von gehärtetem Stahl erfordert die Beherrschung von drei Kernfaktoren: extreme Materialhärte
Die erfolgreiche CNC-Bearbeitung von gehärtetem Stahl erfordert die Beherrschung von drei Kernfaktoren: extreme Materialhärte, enorme Schnittkräfte und hohe Temperaturen direkt an der Werkzeugschneide. Ein systematischer Ansatz ist entscheidend, um diese anspruchsvollen Werkstoffe prozesssicher und wirtschaftlich zu zerspanen.

Die richtigen Werkzeuge: Mehr als nur hartes Material

Die Werkzeugauswahl entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Standard-Fräser aus dem Katalog stoßen bei hochfesten Stählen schnell an ihre Grenzen.

Vollhartmetall (VHM) als Basis
Für die meisten Anwendungen bis 55 HRC sind VHM-Fräser aus ultrafeinkörnigem Hartmetall die erste Wahl. Die feinere Kornstruktur erhöht die Zähigkeit und Kantenstabilität deutlich. Achten Sie auf einen hohen Kobaltanteil von 10-12%, der die Bruchfestigkeit verbessert.

Die richtige Beschichtung macht den Unterschied
Moderne PVD-Beschichtungen wie AlCrN oder TiAlSiN sind keine Marketing-Gimmicks, sondern echte Lebensversicherungen für Ihre Werkzeuge. Diese Nanokomposit-Beschichtungen bleiben auch bei Temperaturen über 800°C hart und glatt. Das reduziert Reibung und Aufbauschneidenbildung dramatisch.

Geometrie für hochfeste Stähle
Die Schneidengeometrie ist mindestens genauso wichtig wie das Material. Für hochfeste Stähle bewähren sich:

  • Reduzierte Schneidenzahl (3-4 statt 6-8) für besseren Spanraum
  • Größere Drallwinkel (35-45°) zur Vibrationsdämpfung
  • Verstärkte Schneidkanten durch gezielte Verrundung
  • Ungleiche Teilung zur Schwingungsreduzierung

CBN für die Extreme
Bei Härten über 60 HRC kommen Sie um kubisches Bornitrid (CBN) kaum herum. Ja, ein CBN-Werkzeug kostet schnell das Zehnfache eines VHM-Fräsers. Aber die um Faktor 5-10 höhere Standzeit und die möglichen höheren Schnittgeschwindigkeiten rechnen sich bei Serienfertigung schnell.

Beachten Sie, dass die Vorteile von CBN-Werkzeugen nur auf einer besonders stabilen, vibrationsarmen CNC Maschine voll ausgeschöpft werden können. Andernfalls drohen Werkzeugbruch oder verkürzte Standzeiten.

enorme Schnittkräfte und hohe Temperaturen direkt an der Werkzeugschneide. Ein systematischer Ansatz ist entscheidend
Eine hohe Werkzeugstandzeit bei Stahl ist das Ergebnis einer gezielten Auswahl von Substrat, Beschichtung und Geometrie. Für das Hartfräsen statt Schleifen bei Härten über 60 HRC sind CBN-Werkzeuge oft die wirtschaftlichste Lösung, um die Zerspanbarkeit von Vergütungsstahl zu maximieren.

Schnittparameter Stahl fräsen: Auf welche Sie unbedingt achten sollten

Die teuersten Werkzeuge nützen nichts, wenn die Parameter nicht stimmen. Hier die wichtigsten Stellschrauben:

Schnittgeschwindigkeit vc – weniger ist oft mehr
Vergessen Sie die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung bei hochfesten Stählen. Detaillierte Formeln zur Berechnung optimaler Schnittparameter für verschiedene Stahlsorten zeigen: Bei vergütetem 42CrMo4 liegen Sie mit 120-180 m/min richtig. Bei gehärteten Stählen über 55 HRC reduzieren Sie auf 80-120 m/min.

Vorschub pro Zahn fz – die goldene Mitte finden
Ein zu geringer Vorschub unter 0,05 mm führt zum Schaben statt Schneiden. Die Folge: massive Wärmeentwicklung und Kaltverfestigung. Ein zu hoher Vorschub über 0,2 mm überlastet die Schneide mechanisch. Die Kunst liegt darin, die minimale Spanungsdicke zu überschreiten, ohne die Schneide zu überfordern.

Eingriffsstrategien anpassen
Beim Schruppen hochfester Stähle hat sich die HPC-Strategie (High Performance Cutting) bewährt: moderate Schnittgeschwindigkeit, hoher Vorschub, maximale Schnitttiefe. Das bringt Zeitspanvolumen.

Spezifische Schnittkraft kc – Indikator für Werkzeug- und Maschinenbelastung
Die spezifische Schnittkraft (kc) gibt an, wie hoch die Kräfte sind, die beim Spanen von einem Kubikmillimeter Werkstoff auftreten. Hochfeste Stähle erreichen dabei oft Werte von 2.500 bis über 3.000 N/mm². Diese enormen Kräfte erfordern nicht nur äußerst stabile Werkzeuge, sondern auch Maschinen mit hoher Steifigkeit und Schwingungsdämpfung, um Prozessstabilität zu gewährleisten.

Beim Schlichten wechseln Sie zu HSC (High Speed Cutting): höhere Drehzahl, geringere Zustellung, beste Oberflächen. Trochoidales Fräsen als moderne Bearbeitungsstrategie für anspruchsvolle Werkstoffe kombiniert das Beste aus beiden Welten.

Praxisbeispiel aus der Teilefertigung
Ein Lohnfertiger bearbeitete Hydraulikblöcke aus 42CrMo4. Mit Standard-Parametern lag die Werkzeugstandzeit bei frustrierenden 15 Minuten. Nach Optimierung:

  • vc von 250 auf 150 m/min reduziert
  • fz von 0,08 auf 0,12 mm erhöht
  • Trochoidale Bahnen mit 10% radialer Zustellung

Ergebnis: Standzeit stieg auf über 45 Minuten, Bearbeitungszeit sank um 20%. Die Werkzeugkosten pro Teil halbierten sich.

um diese anspruchsvollen Werkstoffe prozesssicher und wirtschaftlich zu zerspanen.
Die optimalen Schnittparameter beim Fräsen von Stahl sind ein Kompromiss aus Geschwindigkeit und Vorschub, um thermische und mechanische Überlastung zu vermeiden. Moderne Verfahren wie das trochoidale Fräsen von Stahl oder das HSC-Fräsen von gehärtetem Stahl ermöglichen höhere Abtragsraten bei gleichzeitig verbesserter Prozesssicherheit in der Zerspanung.

Kühlstrategien: Prozesssicherheit durch die richtige Temperaturführung

Die Kühlung ist bei hochfesten Stählen keine Nebensache, sondern erfolgsentscheidend. Die falsche Strategie kann Ihre Werkzeuge schneller zerstören als jeder harte Werkstoff.

Überflutungskühlung – der Klassiker mit Grenzen
Bei zähen Vergütungsstählen unter 50 HRC funktioniert die klassische Überflutungskühlung noch gut. Sie transportiert Späne ab und kühlt die Schneidzone. Aber Vorsicht: Bei der Hartbearbeitung über 55 HRC wird sie zum Problem.

Trockenbearbeitung für gehärtete Stähle
Klingt paradox, funktioniert aber: Bei extrem harten Stählen ist oft gar keine Kühlung die beste Kühlung. Der Grund: Thermoschocks durch den Wechsel zwischen heißer Schneide im Eingriff und kaltem KSS in der Luftschnittphase führen zu Mikrorissen und vorzeitigem Werkzeugversagen.

Innere Kühlmittelzufuhr (IKZ) – der Gamechanger
Wissenschaftliche Analyse verschiedener Kühlstrategien vom Fraunhofer IWU bestätigt: IKZ mit Drücken von 20-80 bar ist bei hochfesten Stählen oft die beste Lösung. Der gezielte Strahl spült Späne sicher aus tiefen Nuten und kühlt die Schneide von innen.

Minimalmengenschmierung (MMS) als Alternative
Bei dünnwandigen Bauteilen oder wenn Trockenbearbeitung nicht möglich ist, bietet MMS einen guten Kompromiss. 10-50 ml/h reichen aus, um Reibung zu reduzieren, ohne Thermoschocks zu verursachen.

Die Wahl der richtigen Kühlstrategie kann die Standzeit verdoppeln. Ein Werkzeugbauer steigerte bei der Bearbeitung von 1.2379 (60 HRC) durch Umstellung von Überflutung auf MMS die Standzeit von 20 auf 55 Minuten pro Werkzeug.

Eine hohe Werkzeugstandzeit bei Stahl ist das Ergebnis einer gezielten Auswahl von Substrat
Die richtige Kühlstrategie bei der Hartbearbeitung ist entscheidend, um Werkzeugbruch durch Thermoschock zu verhindern. Während bei der Bearbeitung von 42CrMo4 noch klassische Kühlung funktionieren kann, sind bei gehärteten Stählen oft Trockenbearbeitung, MMS oder eine gezielte innere Kühlmittelzufuhr die bessere Wahl für eine lange Werkzeugstandzeit.

Maschinenstabilität: Das Fundament erfolgreicher Hartbearbeitung

Sie können die besten Werkzeuge und perfekte Parameter haben – ohne eine stabile Maschine verpufft alles. Die enormen Schnittkräfte bei hochfesten Stählen trennen die Spreu vom Weizen.

Masse schlägt Klasse
Eine Faustregel der Zerspanung lautet: Je härter der Werkstoff, desto schwerer sollte die Maschine sein. Die Komplettbearbeitung, insbesondere bei komplexen Geometrien, ermöglichen 5-Achs-Bearbeitungszentren, die durch kürzere, stabilere Werkzeuge sowie eine massive Bauweise mit exzellenter Schwingungsdämpfung Vorteile bieten.

Die Rolle der Maschinensteifigkeit
Maschinen mit 35% mehr Masse und verstärkten Gusskomponenten absorbieren Vibrationen wie ein Schwamm. Das Ergebnis:

  • Ruhigerer Lauf auch bei hohen Schnittkräften
  • Längere Werkzeugstandzeiten durch reduzierten Verschleiß
  • Bessere Oberflächengüten ohne Rattermarken
  • Höhere erreichbare Vorschübe ohne Stabilitätsverlust

Vollausstattung spart bares Geld
Speziell für Lohnfertiger entwickelte CNC-Fräsmaschinen mit hoher Prozesssicherheit sollten bereits ab Werk mit IKZ und High-End-Steuerung ausgestattet sein. Die nachträgliche Aufrüstung kostet schnell 15.000-25.000 Euro extra.

Der wirtschaftliche Hebel
Eine Investition in Maschinenstabilität zahlt sich messbar aus. Bei einem mittelständischen Teilefertiger führte der Wechsel von einer Standard-3-Achs auf eine massive 5-Achs-Maschine zu:

  • 40% kürzere Bearbeitungszeit durch höhere Parameter
  • 100% längere Werkzeugstandzeit durch vibrationsarmen Lauf
  • 66% höherer Jahresoutput bei gleicher Schichtauslastung
  • 282% Steigerung des Deckungsbeitrags
Beschichtung und Geometrie. Für das Hartfräsen statt Schleifen bei Härten über 60 HRC sind CBN-Werkzeuge oft die wirtschaftlichste Lösung
Die Prozesssicherheit in der Zerspanung beginnt beim Fundament: der Maschine. Eine massive, schwingungsdämpfende Maschine ist der größte Hebel, um beim Zerspanen hochfester Stähle die Bearbeitungszeit zu verkürzen und die Werkzeugkosten drastisch zu senken, was die Wirtschaftlichkeit maßgeblich verbessert.

Häufig gestellte Fragen zur CNC-Bearbeitung hochfester Stähle

Bei der Hartbearbeitung über 55 HRC empfehle ich Trockenbearbeitung oder Minimalmengenschmierung. Klassische Überflutungskühlung verursacht Thermoschocks, die zu Mikrorissen in der Schneide führen. Falls intensive Kühlung zur Spanabfuhr nötig ist, nutzen Sie innere Kühlmittelzufuhr mit hohem Druck – aber kontinuierlich, nicht intermittierend.
Die häufigsten Ursachen sind unzureichende Maschinensteifigkeit, zu hoher Vorschub pro Zahn oder mangelhafte Spanabfuhr. Prüfen Sie: Vibriert die Maschine? Liegt Ihr fz deutlich über den empfohlenen Werten des Werkzeugherstellers (typischerweise etwa 0,2 mm)? Verklemmen sich Späne in der Nut? Oft hilft bereits eine Reduzierung des Vorschubs um 20% und der Einsatz von IKZ.
Das hängt von Ihrer Aufgabe ab. HPC (High Performance Cutting) mit moderaten Drehzahlen und hohem Vorschub maximiert das Zeitspanvolumen beim Schruppen. HSC (High Speed Cutting) mit hoher Drehzahl und geringer Zustellung liefert beste Oberflächen beim Schlichten. Für hochfeste Stähle nutze ich meist HPC fürs Schruppen und wechsle nur fürs finale Schlichten zu HSC.
In der Praxis beginnt Hartbearbeitung ab 45 HRC. Bis 55 HRC kommen Sie meist noch mit hochwertigen VHM-Werkzeugen und angepassten Parametern zurecht. Der technologisch anspruchsvolle Bereich liegt zwischen 58 und 65 HRC – hier führt kaum ein Weg an CBN-Werkzeugen vorbei.
Bei Serienfertigung von Bauteilen über 60 HRC definitiv ja. Ein CBN-Werkzeug kostet zwar das Zehnfache eines VHM-Fräsers, hält aber auch 5-10 mal länger. Dazu kommen höhere mögliche Schnittgeschwindigkeiten. Bei einer Serie von 100 Teilen amortisiert sich die Mehrinvestition meist schon. Für Einzelteile bleiben VHM-Werkzeuge wirtschaftlicher.

Ihr Weg zur prozesssicheren Hartbearbeitung

Die erfolgreiche Zerspanung hochfester Stähle ist keine Hexerei – sie erfordert das richtige System. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren haben Sie jetzt kennengelernt: angepasste Werkzeuge, optimierte Parameter, durchdachte Kühlstrategien und vor allem eine stabile Maschinenbasis.

Mein Rat: Beginnen Sie mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme. Wo liegen Ihre größten Herausforderungen? Sind es die Werkzeugkosten, lange Bearbeitungszeiten oder Qualitätsprobleme? Testen Sie dann gezielt neue Ansätze – ein hochwertiges Werkzeug, angepasste Parameter oder eine andere Kühlstrategie.

Denken Sie daran: Umfassender Service mit 25 Technikern und 65% Direktlösungsquote minimiert Stillstandszeiten und sichert Ihre Investition langfristig ab.

Beginnen Sie jetzt damit, Ihre Prozesse gezielt zu optimieren – Ihre Kunden werden Sie für die höhere Qualität und Prozesssicherheit schätzen und Ihnen anspruchsvollere, margenstärkere Aufträge anvertrauen.

Viel Erfolg und heiße Späne!

Hat der Artikel gefallen?
Dann Danke fürs Teilen!

Reddit
X
Threads
LinkedIn
Facebook
Telegram
WhatsApp
Email

Jetzt anmelden & keine POS-Artikel und -Angebote verpassen: